Mediziner werben in Osnabrück für grenzenlosen Austausch von Patientendaten

Niedersachsens Gesundheitsminister Dr. Andreas Philippi informierte im Osnabrücker Rathaus über den aktuellen Stand der großen Gesundheitsreform – die zu langsam vorankommt, wie er meint. FOTO: SWAANTJE HEHMANN

Wer krank ist, soll eine optimale medizinische Versorgung bekommen. Geld und Staatsgrenzen dürfen dabei kein Hindernis sein. Diesem Ziel dient die Gesundheitsregion Euregio, deren Mitglieder sich am Freitag in Osnabrück trafen. Zu Beginn hörten die Mediziner aber interessiert zu, was Niedersachsens Gesundheitsminister Andreas Philippi über die Krankenhausfinanzierung zu sagen hatte.

In dem Verein Gesundheitsregion Euregio haben sich vor 13 Jahren Akteure der Gesundheitswirtschaft aus den Regionen Osnabrück, Münster, Grafschaft Bentheim und Enschede (Niederlande) zusammengeschlossen. Darin tauschen sich Ärzte, Zahnärzte, Krankenhäuser, Krankenkassen, Banken, Wirtschafts- und Marketingfachleute und Juristen aus. Vor allem aber will der Verein Berater für die Entscheidungsträger in Politik und Gesellschaft sein.

Den Kliniken läuft die Zeit davon

Einer der ranghohen Entscheidungsträger aus der Politik trat am Freitag im Osnabrücker Ratshaus bei der „Frühlings-Visite“ der Gesundheitsregion ans Mikrofon: Andreas Philippi, Niedersachsens Minister für Arbeit, Soziales und Gesundheit, klärte die Vereinsmitglieder und Gäste über den aktuellen Stand der großen Krankenhaus-Reform auf, an der das Bundesgesundheitsministerium seit Monaten arbeitet. Vielen Kliniken läuft die Zeit davon. Sie brauchen dringend Geld.

Gesundheitsminister Dr. Andreas Philippi trug sich ins Goldene Buch der Stadt Osnabrück ein. Links Oberbürgermeisterin Katharina Pötter, ganz rechts der Vorsitzende der Gesundheitsregion Euregio Dr. Arno Schumacher. FOTO: SWAANTJE HEHMANN

Und die Krankenhaus-Manager aus Osnabrück, Münster, Nordhorn und Enschede spitzten die Ohren, als der Landesminister leise Kritik an seinem Parteifreund Karl Lauterbach durchklingen ließ – ohne dessen Namen zu nennen. Philippi befürchtet, dass Lauterbachs Zeitplan nicht zu halten ist. Am 24. April steht das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) im Bundeskabinett auf der Tagesordnung. Zuvor sollen aber noch die Länder dazu angehört werden, was nach Philippis Einschätzung zeitlich kaum noch zu schaffen ist.

Der Minister und Chirurg kritisierte zugleich den schleppenden Fortschritt bei diesem größten Reformwerk im Gesundheitswesen seit Jahrzehnten. Bislang liege nur ein erweiterter Referentenentwurf vor, „eigentlich ein Lückentext“, wie Philippi am Freitag sagte. Dabei geht es in der Reform um die Existenz vieler Krankenhäuser, die eigentlich überflüssig sind. Doch welche Krankenhäuser trifft es?

Digitaler Krankenhausatlas

Die Entscheidung werden, wenn die Gesetzespläne umgesetzt werden, wohl die Patienten treffen. Sie sollen schon bald in einem digitalen Klinikatlas das für ihr Krankheitsbild optimale Krankenhaus auswählen können. Am 22. März 2024 will das Bundeskabinett das entsprechende Gesetz verabschieden.

Philippi hält sich zugute, dass die Landesregierung dafür gesorgt habe, dass in diesem Jahr rund eine Milliarde Euro zusätzlich an niedersächsische Krankenhäuser fließt, um die schlimmsten finanziellen Belastungen abzumildern. Damit könnten die Kliniken die Preissteigerungen der letzten Jahre aber nicht auffangen, kritisierte eine Stimme aus dem Verein.

Sicherer Austausch von Patientendaten

Weiteres Thema der „Frühlings-Visite“ in Osnabrück war der Austausch von Patientendaten über Staatsgrenzen hinaus. Der SPD-Europaabgeordnete Tiemo Wölken berichtete über den aktuellen Stand des Projektes „European Health Data Space“ (Europäischer Raum für Gesundheitsdaten). Die Verordnung, die noch in diesem Jahr in Kraft treten kann, soll es möglich machen, dass Ärzte im In- und Ausland digitale Patientenakten einsehen können. Vorausgesetzt, der Patient stimmt ausdrücklich zu. Im Notfall soll das aber auch ohne Zustimmung erlaubt sein.

Eine Verpflichtung könne er sich nicht vorstellen. Wölken sagt: „Das funktioniert nur, wenn die Patienten Vertrauen in das System haben.“

Die Vertrauensbasis zu schaffen, ist aber nicht leicht. Denn die Patientenakten sollen – natürlich anonymisiert – auch für sogenannte Sekundärnutzer geöffnet werden. Das können Forschungsinstitute und die Industrie sein, die solche Daten für ihre Forschungen gut gebrauchen können. Wölken rechnet damit, dass die europäischen Gremien noch in diesem Monat den rechtlichen Rahmen festzurren.

Text: Wilfried Hinrichs – NOZ

Quelle: Mediziner werben für grenzenlosen Austausch von Patientendaten | NOZ

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